Unwetterserie über Sachsen
Am 11.7. lagen weite Teile Deutschlands im Warmsektor eines Tiefs über der Nordsee bzw. Südskandinaviens. Dank der Warmluftadektion kletterten die Temperaturen rasch auf 27-29 °C in Sachsen. Allerdings waren die Taupunkte auch sonderlich hoch, sodass die Luftmasse als schwül und eher drückend empfunden wurde.
Bereits ab Mittag bildeten sich erste Gewitter am Erzgebirgskamm südlich von Freiberg. Diese zogen nach Nordost und brachten bereits Starkregen und kleinkörnigen Hagel hervor. Bis zum Nachmittag verstärkte sich die Konvektion zunehmend. Interessant war unter anderem eine Zellneubildung über dem Westerzgebirge gegen 14 Uhr. Diese verstärkte sich über dem mittleren Erzgebirge erheblich und erreichte maximale Radarreflektivität. Ich beschloss, der Zelle etwas entgegen zu fahren...
In der Nähe von Frauenstein konnte ich mich 14:30 Uhr stationieren und das System erstmal beobachten. Auffallend war die hohe Blitzaktivität der Zelle, wobei der Anteil an Erdentladungen recht hoch war. Mehr und mehr bildete sich ein markanter Niederschlagsfuß aus.
Blitze aus der Zelle
Ich fuhr der Zelle nun weiter entgegen, wobei mir auf einer Erhebung bei Dittersbach der nun sehr stark ausgeprägte Starkregen- und Hagelfuß der Zelle auffiel. In dieser Ausprägung habe ich so etwas auch nicht allzu oft beobachten können.
Niederschlagsfuß des Hagelgewitters
Von Dittersbach fuhr ich nun weiter Richtung Nassau. Dabei durchquerte ich den beobachten Niederschlagskern und kam in einen starken Wolkenbruch mit heftigen Hagelschlag. Anfangs waren die Körner etwa 1-2 cm groß, später fielen bis zu 3 cm große Schlossen zu Boden. Blätter wurden von Bäumen zu Boden gerissen, es gab teils heftige Naheinschläge.
Hagelschlag
Die Körner werden immer größer...
Hagelschlag und Wolkenbruch
Richtung Nassau konnte ich den Niederschlagskern gegen 15:00 Uhr wieder verlassen. Teilweise gab es Überschwemmungen und Ausspülungen in Folge des Platzregens. Einige Autobesitzer schauten besorgt nach ihren Fahrzeugen aufgrund des doch sehr heftigen Hagelschlages. Ich nutzte die Gelegenheit und sammelte dort auf einem Waldparkplatz rasch einige Hagelkörner. Diese waren bis zu 3 cm groß, teils auch etwas darüber.
Hagelkörner in meiner Hand
Anschließend beobachtete ich noch den Abzug der sich nun abschwächenden Gewitterzelle. Laut Iras gab es einige "verdächtige" Strukturen, sodass nicht auszuschließen ist, dass unter den gegebenen Bedingungen kurzzeitig auch Rotation im System vorhanden war, zumal die Zelle auch sehr organisiert wirkte. Eine vollständig ausgeprägte Superzelle würde ich jedoch nicht vermuten, eher eine kurzlebige Meso. Inwieweit auch noch größerer Hagel möglich war, kann ich nicht sagen. Allerdings war die Zelle kurze Zeit vor meiner Durchquerung laut Iras noch stärker gewesen.
Ich fuhr nun Richtung Westerzgebirge zurück. Nach kurzer konvektiver Pause bildete sich gegen 16 Uhr ein neues System an der Grenze des Landkreises Annaberg und dem Mittleren Erzgebirgskreis. Auch diese Zellen waren wieder recht blitzaktiv.
Blitze aus den neuen Zellen über Drebach und Zschopau
Ich durchquerte den südlichen Teil des Systems in Drebach. Es gab dort heftigen Starkregen und einige Nacheinschläge. Zwischen Herold und Drebach versuchte ich noch, einige Blitze zu erwischen, doch das System schwächelte bereits wieder erheblich. Allerdings kündigte sich eine neue Zelle Richtung Schwarzenberg an.
Nachdem ich von Geyer kurz vor 17 Uhr Richtung Elterlein fuhr, wurde ich sogleich in Elterlein vom Niederschlagskern des neuen Gewitters erfasst. Heftiger Starkregen, Hagel bis 1 cm und teils schwere Sturmböen peitschten durch den kleinen Ort.
Downburstbedingungen
Heftige Böen, man beachte den kleinen Baum im Hintergrund
Teilweise gab es auch Hagel...
Ich fuhr Richtung Grünhain weiter und stationierte mich an einem Waldstück, um die sehr imposante Rückseite der Zelle festhalten zu können. Auch diese Zelle zeigte einen eher "verdrehten" Aufwindbereich, wobei kurzlebige Rotation auch hier nicht auszuschließen ist.
Abziehendes Gewitter
Man beachte die nun deutlichen Hagelfallstreifen...
Zellrückseite mit Hagelfallstreifen
Verdrehter Aufwind?!
Das System zog nun weiter Richtung Geyer, allerdings zog vom Vogtland heraus eine neue Zelle auf. Gegen 17:30 Uhr waren bereits imposante Strukturen auszumachen. Die Zelle schien sämtliche Entwicklungen förmlich aufzufressen. Zugleich war die Blitzaktivität sehr beeindruckend. Auch ein grünlicher Schimmer im ausgeprägten Niederschlagsvorhand deutete auf ein heftigeres Ereignis hin. Zugleich bildete sich kurz vor mir ein neuer, enger Niederschlagsbereich aus.
4. und letzte Zelle zieht heran
Interessante, tubulente Basis
Imposanter, mit Blitzen garnierter Zellaufzug
Dieser Niederschlagsbereich überquerte mich gegen 17:40 Uhr etwas nördlich von Elterlein. Es folgte ein heftiger Downburst mit nahezu totaler Sichteinschränkung (auch kleiner Hagel dabei) und Böen um Bft 9-10, vereinzelt 11! Keine Minute später lies die Heftigkeit nach. Es gab weiterhin Naheinschläge und heftigen Starkregen, aber das war kein Vergleich mehr zu vorher.
Platzregen setzt ein sowie Sturmböen
Blitzschlag in einen Baum auf dem Feld
Einsetzender Downburst
Extrem starker Platzregen, dazu schwerer Sturm
Langsam nachlassend...
Anschließend Naheinschläge
Das Gewitter verursachte in und um Elterlein und Herold Sturmschäden. Es gab umgestürzte Bäume und abgebrochene Äste. Auch Überschwemmungen gab es sowie erhebliche Ausspülungen. In Wiesa brannte eine Scheune nach Blitzschlag. Auf den Weg Richtung Nordosten bis Osten schwächte sich das System langsam ab bzw. verclusterte mit anderen Neubildungen.
Umgestürzte Fichte zwischen Grünhain und Elterlein
Abgebrochener Baum
Im Hintergrund liegt noch ein 2., und (hier nicht auf dem Bild zu sehen) noch 3 weitere...
Damit endete ein überaus spannender und heftiger Unwettertag in Sachsen. Ich selbst muss zugeben, dass ich noch nicht so viele heftige Gewitter an einem Tag gesehen habe. Immerhin erwischte ich 4 Gewitter, von welchen 2 definitiv Unwettercharakter erreichten...
© Michel Oelschlägel
Datum: 14. November 2024