Analyse des Extremhagelereignisses vom 8. Mai 2003 im Erzgebirge

 

Bilderbericht zur Superzelle

 

Im Mai finden sich häufig schon kräftige Unwetter, da die Temperaturschwankungen hier besonders groß sind. So war es auch am 8. Mai 2003. Der 8. Mai 2003 fiel bereits recht warm aus. Gegen Nachmittag wurden vor allem im Süden und Osten Temperaturen von bis zu 29 °C erreicht. In den folgenden Tagen sollte allerdings deutlich kältere Luft die Witterung in Mitteleuropa bestimmen.

 

Die erste Zelle entstand an diesem Tag gegen 17 Uhr über dem Thüringer Wald. Diese erreichte rasch höchste Radarreflektivität und verstärkte sich weiter. Das Superzellenstadium begann dann etwa 17:30-18:00 Uhr. Die Superzelle verließ nun deutlich die vorherrschende südwestliche Höhenströmung Richtung Osten und hangelte sich am Erzgebirgsnordrand entlang Richtung Tschechien. Die Intensität der Superzelle schwankte periodisch, doch dauerte das Superzellenstadium bis 22 Uhr, wonach die Zelle langsam im tschechischen Riesengebirge (südlich von Liberic) zerfiel. Die höchste Reflektivität dieser Zelle lag übrigens bei über 60 dBZ!

 

Superzelle - noch über dem Vogtlandkreis

 

Superzelle über dem Landkreis Aue-Schwarzenberg - die untergehende Sonne durchleuchtet nun den Niederschlag

 

Skizzierung der Superzellenstruktur - Zelle befindet sich noch über dem Vogtlandkreis

 

Die Superzelle produzierte über einem sehr großen Gebiet Hagel und heftigen Starkregen. Die Hagelkörner erreichten verbreitet Korngrößen zwischen 2-4 cm, oftmals aber auch 4-6 cm, wobei in 3 Regionen auch Hagelkörner bis 7 cm nachgewiesen werden konnten! Damit wurden vielerorts auch schwere Hagelschäden verursacht, vor allem in Scheibenberg, Sehma und Königswalde (alles Landkreis Annaberg). Auch der heftige Starkregen mit bis zu 35 Litern in 15-20 Minuten führte zu größeren Überschwemmungen und einem Erdrutsch bei Johanngeorgenstadt. Folgend eine Tabelle mit den gefundenen Hagelgrößen, welche diese Superzelle verursachte:

 

 Scheibenberg (LK Annaberg)

 6-7 cm, kugelform

 Königswalde (LK Annaberg)

 5-7 cm, kugelform

 Sehma (LK Annaberg)

4-6 cm, kugelform

 Crottendorf (LK Annaberg)

4-6 cm, kugelform

 Raschau (LK Schwarzenberg)

4-5 cm, kugelform

 Lauter (LK Schwarzenberg)

4-5 cm, kugelform

 Jocketa (Vogtland)

3-4 cm, kugelform

 

Dazu auch noch folgende Übersichtskarte vom "Hagelstreifen" der Superzelle:

 

 

Die sehr kräftige Superzelle bildete immer kleinräumige Hagelbereiche aus, wo die sehr großen Hagelfunde auftraten (vor allem in Scheibenberg, Königswalde und östlich von Königswalde beim Hirtenstein). Allerdings sind diese meist nur zeitlich eng begrenzt aufgetreten, sind anschließend zusammengebrochen und wurden einige Kilometer weiter neu ausgebildet. Die Superzelle variierte zwischen klassischer und teilweise auch tendenzieller HP- und LP-Struktur, wobei man aber überwiegend von einer klassischen Superzelle sprechen kann. Der Hagelniederschlag war dabei mehr oder weniger dicht fallend aufgetreten. In Scheibenberg allerdings sollen die 6-7 cm großen Exemplare in recht großer Falldichte vom Himmel herabgefallen sein, sodass hier auch neben den schwersten Schäden eine ausgeprägte Hageldecke beobachtet wurde. Auch anderenorts lag der Hagel bis zu 20 cm dick. Die Superzelle zeigte nach der Überquerung der deutsch-tschechischen Grenze eine kurzzeitige Schwächephase, konnte sich aber bereits im Elbnähe wieder verstärken, wobei dort nochmals starker Hagel mit bis zu 5 cm großen Schlossen aufgetreten ist.

 

Die entstandenen Schäden gehen in die Millionen, doch es hätte noch schlimmer kommen können. Teilweise war ein sehr ausgeprägtes Hook-Echo festzustellen, sodass in Verbindung mit dieser einzeln gelagerten Superzelle, welche zumindest anfangs keine "Konkurrenz" zu benachbarten Zellen zu befürchten hatte, auch auf die erhöhte Tornadogefahr hingewiesen werden sollte. Da die Zelle auch in Tschechien wenig besiedelte Flächen überquerte, ist zudem nicht sicher, ob vielleicht doch ein Trombenereignis aufgetreten war. Verdächtig war dieses System allemal!

 

Es handelte sich bei dieser Superzelle nicht um das einzigste Exemplar dieses Tages. Im Raum München gab es ebenfalls eine Superzelle, welche Hagel bis 5 cm erzeugte. Auch bei Dresden und Bautzen zog eine weitere kräftige Unwetterzelle entlang, welche jedoch nur kleinkörnigen Hagel mit sich brachte, allerdings wiederrum in großen Mengen! Die Medien konzentrierten sich an diesem Tag leider nur auf die Ereignisse in den größeren Ballungsgebieten Deutschlands. Die schweren Hagelschäden im Erzgebirge blieben dabei verschwiegen, wobei ich nicht davon abschweifen möchte, dass die Superzelle im Erzgebirge das stärkste meteorologische Ereignis dieses Tages in Deutschland war!

 

 

© Michel Oelschlägel

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Datum: 14. November 2024

                  

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