Schweres Orkantief Dorian

 

Bereits am 15.12.05 kam der Großteil von Deutschland in den Einflussbereich von Sturmtief Cyrus, welches den Osten des Landes mit Sturmböen und kräftigem Regen heimsuchte. Vor allem in den höheren Lagen der Mittelgebirge erreichte der Wind auch Bft. 11, auf den Kammlagen auch Bft 12. Der Niederschlag fiel im Stau des Erzgebirges mitunter auch schauerartig verstärkt. Vor allem auf den Autobahnen kam es so zu starker Sichteinschränkung und zu Aquaplaning.

 

 

heftiger Regen am 15.12.05 (A4 Richtung Chemnitz)

 

In den höheren Lagen ging der Regen im Tagesverlauf in Schneefall über, war jedoch nicht sonderlich intensiv. Im Laufe der Nacht lies der Regen und der Sturm vorrübergehend nach, um am Folgetag mit Annäherung eines neuen Tiefs erneut aufzufrischen. Bereits gegen 5 Uhr setzte am 16.12.05 erster Regen eines neuen Niederschlagsgebietes ein, welches von Nordwesten nach Deutschland hinein zog.

 

 

16.12.05 gegen 8 Uhr, noch ist alles relativ ruhig

 

Dieses Niederschlagsgebiet gehörte zu Sturmtief Dorian, welches zu diesem Zeitpunkt noch über der Nordsee lag. An der Nordsee tobte zu diesem Zeitpunkt bereits ein schwerer Sturm, doch die Situation sollte sich noch erheblich verschärfen. Das Sturmtief Dorian vertiefte sich in den folgenden Stunden zu einem kräftigen Orkantief. So nahm im Laufe des Vormittags auch im Erzgebirge der Wind immer weiter zu, die Böen steigerten sich rasch zu Sturmböen, später auch zu schweren Sturmböen. An der Nordsee tobte inzwischen ein Orkan mit Böen bis nahe 140 km/h! Auch im norddeutschen Binnenland erreichten die Böen Bft 11-12. Der Kern lag zu diesem Zeitpunkt (9 Uhr) über Mecklenburg Vorpommern und erreichte einen Kerndruck von 982 hPa.

 

 

erste schwere Sturmböen und dichter Nebel auf dem 718 m hohen Spiegelwald

 

 

Sturmböen

 

Von Norden näherte sich nun eine gewittrige Kaltfront, an welcher die heftigsten Sturm- und Orkanböen des Tages gemessen werden sollten. Gegen 13 Uhr erreichte diese meinen Standort im Erzgebirge. Zuvor gab es bereits die ersten Böen bis Bft 11. Die Kaltfront brachte vielerorts leichte Gewitter mit sich, welche jedoch die extreme Höhenströmung des Tief heruntermischten. Nach dem Donnerschlag eines Blitzes zog hier rasch der Niederschlagsbereich des Schauers heran. Urplötzlich fegte starker Graupel in Verbindung mit Orkanböen durch die Straßen unseres Wohngebietes, eine Böe erreiche 129 km/h!!! Das sind 8 km/h mehr als ich an gleicher Stelle am 29.7.05 gemessen habe, wenngleich dafür damals hier vielerorts deutlich! höhere Böenwerte gemessen werden konnten!

 

 

heranziehender Graupelniederschlag

 

 

 

starker Graupelniederschlag und Orkanböen bis fast 130 km/h!

 

Der Durchzug der Kaltfront dauerte nur wenige Minuten. Nach diesem Ereignis lockerte der Himmel rasch auf, die Sonne kam zum Vorschein. Nach kurzer Beruhigung nahm nun der Wind wieder deutlich zu und erreichte in Böen volle Orkanstärke. Das Hauptsturmfeld zog nun in den folgenden 2 h über uns hinweg. Immer wieder konnte ich Böen bis 120 km/h messen, einige Böen erreichten auch bis zu 125 km/h (auf 650 m). Die Bäume bogen sich bedrohlich, große Äste brachen ab. Kleinere Äste, Laub und andere diverse Gegenstände wurden durch die Luft gewirbelt. Bei einer kleinen Rundfahrt konnte ich erste Sturmschäden erkennen, mehrere Bäume wurden entwurzelt, vorrangig Fichten. Die Laubbäume hatten weniger Probleme, da sie vollständig entlaubt waren und dem Wind so nur einen geringen Widerstand entgegensetzten. Dennoch brachen auch hier größere Äste ab.

 

 

tobender Orkan, zerstörte Fahnen und umherfliegende Trümmerteile, sogar schwerer Nassschnee wird über die Straße gefegt

 

 

 

Orkan und ausrückende Feuerwehren bei Grünhain

 

 

 

nachlassender Orkan

 

Die Feuerwehren waren an diesem Tag im Dauereinsatz, um die Straßen von umstürzenden Bäumen freizuhalten. In mehreren Orten des Landkreises gab es keinen Strom, da Bäume auf Stromleitungen fielen oder sogar große Überlandleitungen beschädigt wurden. Im Landkreis wurden auch leichtere und mittlere Schäden an Dächern und Garagen festgestellt. In Aue wurde sogar das Dach eines Neubaublockes abgedeckt. Vor allem in den höheren Lagen des Landkreises gab es wieder große Waldschäden. Erste Schätzungen gehen von etwa 30000 Festmetern Wurfholz im Landkreis aus. Oberhalb von 500 Metern erreichte der Wind an diesem Tag in Böen Bft 12, in den Lagen oberhalb von 1000 Metern Windgeschwindigkeiten zwischen 150 und 180 km/h! Auf dem Fichtelberg wurden so 176 km/h registriert. Auch im Flachland wurden verbreitet noch Böen um Bft 11, örtlich auch Bft 12 erfasst. Das gab es das letzte Mal am 27.10.2002 bei Orkantief Jeanette, welches ähnlich verheerend über Sachsen und den Landkreis hinwegzog.

 

Auch in den anderen Gebieten Mitteldeutschlands gab es große Sturmschäden. Zahllose Straßen, vor allem in den Gebirgsregionen, waren wegen umgefallener Bäume unbefahrbar! Stromleitungen wurden beschädigt und Dächer vielerorts abgedeckt. Etwa 120000 Menschen hatten an diesem Tag keinen Strom! In Sachsen wurden nahezu alle größeren Weihnachtsmärkte wegen des Sturmes geschlossen, da eine zu große Gefahr durch umherfliegende Teile oder durch den jeweiligen Weihnachtsbaum selbst bestand. So wurde beispielsweise in Freiberg der Weihnachtsbaum auf dem Obermarkt durch den Sturm umgeworfen, 2 Frauen konnten sich in letzter Minute retten. Auch gab es viele witterungsbedingte Unfälle, wobei verbreitet LKW's von der Fahrbahn geweht worden waren. Insgesamt gab es eine Großzahl von Verletzten sowie auch 2 Todesopfer zu beklagen.

 

umgestürzte Bäume zwischen Dittersdorf und Kemtau (aufgenommen von Jens Weissbach aus Amtsberg [MEK])

 

Es war hier der schlimmste Wintersturm (Gewitterstürme nicht mitgezählt) seit gut 3 Jahren. Die Intensität war mit der von Jeanette am 27.10.02 zu vergleichen, welcher damals gebietsweise der schlimmste Sturm seit 15 Jahren war! Doch Dorian hatte noch eine ganze Menge Schnee im Gepäck. Während das Tief nach Osten abzog und über Polen einen Kerndruck von 972 hPa erreichte (auch dort verbreitet schwere Orkanböen), floss nun hochreichende Kaltluft nach Deutschland ein, welche schauerartige Schneefälle verursachte. Im Stau der Mittelgebirge schneite es dabei auch länger anhaltend! Bereits in der Nacht zum 17.12.05 konnte sich eine 10-15 cm dicke Neuschneedecke ausbilden. Im Tagesverlauf gab es weitere starke Schneefälle, sodass am Abend gut 25 cm zusammengekommen waren.

 

Schneesituation am Abend des 17.12.05

 

Vor allem am 18.12.05 gab es gegen Abend nochmals sehr starke Schneeschauer, sodass eine Schneehöhe von 35-40 cm auf 650 Höhenmetern erreicht wurde. In den Hochlagen des Erzgebirges fielen verbreitet um die 50-60 cm Neuschnee in den vergangenen 48 h! Die starken Schneefälle in Verbindung mit Sturmböen führten zu starken Schneeverwehungen und unpassierbaren Straßen, was wiederum erhebliche Verkehrsbehinderungen zur Folge hatte!

 

Schneefall am 18.12.05

 

 

früher Abend des 18.12.05

 

 

 

einsetzende starke Schneefälle

 

 

 

 

heftiger Schneefall, hier in Aue und Hohenstein-Ernsthal

 

 

 

kräftige Schneeverwehungen

 

  

Starkschneefall in Bernsbach

 

 

 

 

 

35 cm Neuschnee in den letzten 48 h

 

 

Schneesituation am Abend des 19.12.05 - Dorian ist nach Osten abgezogen

 

Erst am Abend 19.12.05 zogen neue Tiefausläufer von Nordwesten heran, welche schließlich zur Milderung und zu Tauwetter führten. Aufgrund der hohen Neuschneemengen der vergangenen 3 Tage hatten wir trotz Abschmelzen der Schneedecke am 24.12.05 eine weiße Weihnacht mit noch gut 10 cm Nassschnee. Oberhalb von 800 m taute die Schneedecke dagegen nicht ab. In Johanngeorgenstadt ( Höhenlage bis 892 m) konnte sich eine 90 cm hohe Schneedecke aufbauen.

 

Bilder vom Schnee in Johanngeorgenstadt

 

weitere Aufnahmen von Sturmschäden im Erzgebirge

 

 

© Michel Oelschlägel

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Datum: 24. April 2024

                  

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