Unwetterlage nach Hitzewelle am 05.07.2015 in Mittel- und Norddeutschland

 

Seit dem 01.07. beeinflusste eine massive Hitzewelle Teile West- und Mitteleuropas, speziell Frankreich und Deutschland. Mit jedem Tag kletterten die Temperaturen weiter nach oben. Ursache war ein ausgeprägtes Hochdruckgebiet mit Kern über Mitteleuropa, später Osteuropa, wodurch an der Westflanke heiße Luft aus dem Mittelmeerraum herangeführt wurde. Unterstützt wurde die sogenannte Heißluftadvektion durch die Tiefs Reinhard und später Siegfried, welche über Westeuropa hinweg- bzw. westlich an Europa vorbeizogen und dabei an der Ostflanke zusätzlich die heiße Luft anzapften. Die Höchstwerte erreichten dabei bereits am 01.07. >35°C im Westen Deutschlands, am 2.7. wurden in Teilen des Westens bereits um 39°C erreicht. Ab dem 4.7. lag ganz Deutschland - mit Ausnahme von Schleswig-Holstein - unter der Heißluft und es wurden verbreitet Temperaturen um 35-39°C erreicht. Höhepunkt der Hitzeentwicklung war schließlich der 05.07. mit Temperaturen von teils um 40°C!


Ganz störungsfrei war die Wetterlage aber nicht. Durch die angesprochenen Tiefs bildeten sich bevorzugt im Westen, später auch in der Mitte heftige Gewitter, die lokal mit orkanartigen Böen, heftigem Starkregen und Hagelschlag einhergingen. Auch diese Gewitterentwicklung gipfelte am 05.07. mit der Kaltfront von Tief Siegfried. Der Kaltfront war dabei eine Konvergenz vorgelagert. Zugleich waren die Scherungsbedingungen vor allem Richtung Norden günstig für schwere Gewitter. Eine ausgeprägte Unwetterlage deutete sich somit für den Norden und die Mitte Deutschlands am 05.07.2015 an.


In Sachsen gab es bereits in der Nacht zum 05.07. in Mittelsachen lokal kräftige Gewitter, die mit Starkregen und Sturmböen einhergingen. Es war allerdings erst ein Vorgeschmack auf den kommenden Tag.

 

Blitzentladungen über Großschirma-Siebenlehn - von Freiberg aus gesehen...

 

"Power-Flash" nach Blitzeinschlag

 

Teils gibt es extrem kräftige Entladungen, welche die Kamera überbelichten...

 

 

 

 

 


Der 05.07. startete heiß und sonnig, doch recht schnell entwickelten sich kräftige Quellwolken Richtung Erzgebirge. Ich fuhr daher von Freiberg Richtung Marienberg, da diese Entwicklungen sehr verheißungsvoll aussahen. Gegen 12:30 Uhr entwickelte sich bei Olberhau das erste kräftige Gewitter. Nachfolgend löste es überall im oberen Erzgebirge heftige Gewitter aus. Ich konnte gegen 14 Uhr bei Marienberg ein heftiges Gewitter beobachten, welches später bis Zöblitz ausgriff. Durch die geringe Zuggeschwindigkeit gab es lokal heftige Niederschläge. Bei Marienberg-Gebirge kam ich gegen 14:30 Uhr in den Niederschlag der Zelle. Heftiger dicktropfiger Starkregen, zeitweise Sturmböen und Hagel bis 1,5 cm gingen nieder. Richtung Heinzebank war später noch ein ansehnlicher "Downburstfuß" erkennbar, bevor sich die Zelle langsam abschwächte. Das Gewitter verursachte bei Wiesenbad und Wiesa nahe Annaberg erhebliche Downburstschäden. Hier ist von orkanartigen Böen, teils Orkanböen um 120 km/h auszugehen! Zugleich gab es durch das Gewitter einige Wasserschäden, da binnen 1 h mancherorts 40-50 mm, teils auch >50 mm fielen. Auch im Bereich Aue-Schwarzenberg verursachten schwere Hitzegewitter an diesem Nachmittag Schäden, wobei Bäume umfielen, Straßen überflutet und Keller unter Wasser gesetzt wurden. In Schneeberg brannte eine Scheune nach Blitzschlag ab. Im Laufe des Nachmittags schwächte sich dieser Gewitterherd am Erzgebirge zunehmend ab, während sich vor allem im Westen Deutschlands sehr heftige Gewitter entwickelten, welche nach Nordosten weiterzogen.

 

Gewitterentwicklung über Marienberg und Umgebung gegen 14 Uhr

 

 

Starkregen, Sturm und Hagel setzen ein...

 

Hagel bis 1,5 cm Durchmesser gehen in dem Gebiet nieder...

 

...sowie heftiger, dicktropfiger Starkregen!

 

Blick auf die Zelle bei Marienberg mit deutlich erkennbarem Niederschlagsbereich...

 

"Downburstfuß" im Bereich Heinzebank-Marienberg

 

Solche Downbursts verursachten teils erhebliche Vegetationsschäden, wie hier zwischen Wiesenbad und Schönbrunn...

 

Es ist lokal von Böen um 120 km/h auzugehen...


Gegen 17 Uhr lagen heftige Gewittersysteme zwischen Bremerhaven und Frankfurt am Main. Auch an der holländischen Grenzen zogen heftige Gewitter auf und südlich von Aachen entwickelte sich eine markante Superzelle. Ich fuhr daher Richtung Leipzig und dann von dort aus auf der A38 Richtung Sangerhausen (Sachsen-Anhalt). Die angesprochene Superzelle produzierte vor allem bei Bonn heftige Hagelstürme mit 5-7 cm, teils >7 cm großen Hagelkörnern! Es gab erhebliche Schäden durch das Unwetter. Zugleich entwickelte sich vor allem das Gewittersystem über der westlichen Mitte Deutschlands sehr massiv. Der stärkste Bereich lag gegen 18:30 Uhr zwischen Eisenach und Hannover. Gegen 19:30 kam ich bei Sangerhausen an und fuhr von dort Richtung Hettstedt weiter. Von Westen her nährte sich bereits die bedrohliche Gewitterfront mit deutlich erkennbarer Böenwalze. Ich positionierte mich bei Hettstedt und dokumentierte den Aufzug und die Passage des Systems. Der Aufzug war recht beeindruckend, es blitzte alle paar Sekunden und bald setzte auch heftiger Sturm ein. Staub wurde von den Feldern aufgewirbelt, bevor gegen 20 Uhr das Gewitter über mich hinweg zog. Es gab dabei schwere Sturmböen und kurzzeitig auch Starkregen, allerdings ging der heftigste Niederschlagsbereich knapp an mir vorbei. Richtung Südende der Linie entwickelten sich bereits neue Zellen, weshalb ich nachfolgend wieder zurück nach Sangerhausen fuhr. Teils lagen Äste auf der Fahrbahn, größere Sturmschäden gab es in dem Bereich aber nicht. Das sah wenige Kilometer nördlicher bereits anders aus. Dort habe ich später von umgestürzten Bäumen und weiteren Sturmschäden erfahren. So gab es beispielsweise in Blankenburg sehr heftigen Starkregen und auch orkanartige Böen. Noch weiter im Norden traten bei der Passage des gewaltigen Gewittersystems vereinzelt sogar Orkanböen auf und verursachten erhebliche Sturmschäden.

 

Gewitteraufzug bei Hettstedt

 

 

 

 

Auch die Blitze kommen immer näher...

 

Heftiger Sturm und kurzzeitig kräftiger Starkregen ziehen über meinen Standort hinweg...

 

 


Richtung Sangerhausen konnte man im Licht der mittlerweile recht tiefstehenden Sonne gegen 20 Uhr ein recht stark blitzendes Gewittersystem erkennen, welches später das Südende der Gewitterlinie über Sachsen-Anhalt markierte. Ich schaffte es noch in das sich verstärkende Gewitter und fuhr von Artern über Querfurt bis nach Merseburg. Dabei war ich fast die ganze Zeit im Core des Gewitters, welches mit heftigem Starkregen einherging. Teils gab es auch kleinkörnigen Hagel bis 1 cm. Zudem nahm mit der Zeit die Blitzrate immer weiter zu und erreichte bei Querfurt ihren Höhepunkt mit fast 50 Blitzen/min. Der heftige Regen verursachte zeitweise Überschwemmungen und einige Wasserschäden. Bei Merseburg schwächte sich die Zelle etwas ab. Dafür entwickelten sich nun gegen 22 Uhr zahlreiche weitere Gewitterzellen um Halle und Merseburg herum, welche teils auch hohe Blitzraten aufwiesen.

 

Neue Zellen am Südende der Gewitterlinie im Bereich Sangerhausen...

 

 

Fahrt Richtung Artern in das Gewittersystem...

 

Heftiger Starkregen setzt sein, die Blitzrate steigt immer weiter...

 

 

Heftiger, dicktropfiger Starkregen in Querfurt, die Blitzrate liegt zeitweise bei 40-50 Blitzen pro Minute...

 

 

Bei Merseburg auf der Rückseite des Gewitters...


Ich fuhr derweil Richtung Gera auf der A9 weiter, da sich auch im Bereich Nordbayern und Thüringer Wald heftige Gewitter entwickelten. Bei Gera wechselte ich auf die A4 Richtung Chemnitz. Vor allem um Gera gab es nochmal heftigen Starkregen und kraftvolle Blitze, bevor ich mich vor das System setzen konnte und Richtung Sachsen fuhr. Unterdessen vereinigten sich die Gewittersysteme über Mitteldeutschland zu einem großen konvektiven Cluster, welcher von der Ostsee bis nach Nordbayern reichte und welcher nun weiter Richtung Osten und Nordosten zog. Vor allem um Leipzig und um Plauen herum entwickelten sich noch kräftige Gewitter im Bereich des Gewitterclusters.


Ich fuhr unterdessen zurück nach Freiberg und genoss vom Fenster aus die Gewitterzellen um mich herum. Bei Freiberg entwickelten sich gegen 00:30 Uhr und nachfolgend auch noch einige Gewitter, welche nicht mehr so blitzaktiv waren, aber dafür gewaltige Blitzentladungen mit sich brachten. Unwetterartig waren diese Gewitter aber nicht mehr. Lediglich Richtung Vogtland und Erzgebirge gab es noch schwere Gewitter mit einzelnen Sturm- und Wasserschäden.

 

Blitzentladungen nördlich von Freiberg in der 2. Nachthälfte...

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Im Laufe der Nacht zogen die Gewitter unter Abschwächung über Sachsen hinweg und es gab noch kräftigen, gewittrigen Regen mit einzelnen heftigen Blitzentladungen, bevor sich das Wetter beruhigte. Am Folgetag war es deutlich kühler als am Vortag, wobei dennoch 23-27 °C erreicht wurden. Doch bereits am 07.07. stellte sich erneut eine Unwetterlage ein und die Heißluft wurde nochmals nach Mitteldeutschland zurückgeholt. 

 

© Michel Oelschlägel

Datum: 11. Dezember 2024

                  

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