07.09.2022 - Unwetter und Superzellen über Sachsen 

 

Am 7. September setzte sich eine Gewitterlage in Sachsen, die bereits am Vortag begann, fort. Nach den Unwettern vom Vortag, die lokal große Schäden verursacht hatten, war am Folgetag die Luft insgesamt nochmal feuchter und wärmer. Bei Temperaturn von 25-29 °C wurden Taupunkte von 16-19°C in Sachsen erreicht. Erste Quellungen gab es dann ab den Mittagsstunden im westlichen Mittelsachsen, aus denen gegen 13:30 Uhr eine erste Gewitterzelle entstanden war. Diese konnte sich recht schnell organisieren und kann sehr wahrscheinlich als Superzelle angesprochen werden. Dauergrummeln und mehr als 20 Blitze pro Minute – meist Wolkenblitze – begleiteten den Gewitteraufzug, den ich bei Großvoigtsberg nahe Freiberg aus beobachtete. Die Zelle blieb anfangs recht stationär, weshalb ich anschließend über Reichenbach und die S34 nach Berbersdorf verlegte, wo auch der Kern des Gewitters ungefähr lag. Parallel zu dieser Zelle entwickelte sich eine 2. Zelle knapp südlich, die aber anfangs noch unscheinbar blieb. Richtung Berbersdorf kam ich anschließend in heftigen Starkregen, bald war auch Hagel bis 1 cm im Durchmesser dabei. Von den Feldern floss bereits an mehreren Stellen Schlamm Richtung Tal. Gegen Ende des Gewitters fielen dann in Berbersdorf auch einige Hagelkörner bis um 2 cm im Durchmesser zu Boden.

 

Aufziehende neue Zelle bei Berbersdorf gegen 13:45 Uhr...

 

Die Zelle organisiert sich immer weiter und zeigt bald deutliche Rotation (siehe Video unten)...

 

Links die Mesozyklone, rechts der Abwind mit dem Niederschlag...

 

 

Hagel und Starkregen in Berbersdorf…

 

Erste Schlammausspülungen treten auf...

 

Ich verlegte anschließend über Schmalbach wieder zur S34. Dort kam ich wieder in heftigen Starkregen, Sturm und Hagel. Einige Hagelkörner erreichten hier zeitweise bis zu 3 cm Durchmesser. Die Wassermassen von Schmalbach führten später zu einem Hochwasser in Berbersdorf. In Berbersdorf ergoss sich etwa zeitgleich auch eine große Schlammlawine über den Südteil des Ortes und überflutete dort Grundstücke und Häuser. Schlimm war es auch Richtung Arnsdorf am OA Berbersdorf, wo eine Schlammlawine die Straße unter Wasser setzte. Doch ich war unterdessen Richtung A4 unterwegs und positionierte mich gegen 14:20 Uhr in der Nähe des Edeka-Versorgungszentrums nahe der Autobahn (bei der Abfahrt Berbersdorf). Dort gab es weiterhin heftigen Starkregen und dichteren Hagel bis 1 cm. Bald legte der Wind weiter zu und einzelne Hagel-Körner von 3-3,5 cm, teils bis 4 cm, fielen hier zu Boden. Bald darauf wurde der Starkregen und Sturm weniger, dafür fiel nun immer dichter werdend Hagel bis 3 cm Durchmesser zu Boden, der zum Ende hin kleiner, aber noch etwas dichter wurde. Der letzte Teil des Hagelschlages fiel fast ohne Regen zu Boden, bevor die Zelle langsam abzog. Ich sammelte derweil einige der immer noch gut 3 cm großen Hagelkörner ein. Etwas weiter südlich von meinem Standort (im Bereich Pappendorf) verursachte das Unwetter – wie ich später erfahren hatte - dichten Hagelschlag mit bis zu 4 cm großen Körnern, wodurch zahlreiche Autos beschädigt wurden. Auch alle dort befindlichen Gärten und einige Vordächer aus Kunststoff wurden beschädigt.

 

Über Schmalbach geht es wieder zur S34 - heftiger Starkregen, Sturm und Hagel treten hier auf...

 

Kleinkörniger Hagel und Starkregen am neuen Standort nahe der A4-Abfahrt Berbersdorf…

 

Bald darauf setzt Sturm ein und einzelne Körner bis max. 4 cm im Durchmesser fallen zu Boden...

 

Immer wieder sind einzelne große Körner (3-4 cm) dabei...

 

Später gibt es bei nachlassendem Regen noch dichteren Hagel mit bis um 3 cm Durchmesser...

 

Gesammelte Körner am Standort nach dem Unwetter...

 

Die Zelle zog anschließend langsam nach Osten weiter und vereinigte sich dort mit der 2. genannten Zelle, die zuvor südlich der 1. Zelle entstanden war. Damit einher ging auch ein neuer Zyklus der Superzelle, der mit Hagel bis 3 cm Durchmesser im Raum Großschirma einherging. Ansonsten war es vor allem der Starkregen, der große Probleme bereitete. Ich folgte der Zelle nun über Reichenbach, wo im Wald nahe der A4 viel kleinkörniger Hagel bis 2 cm Durchmesser lag. Richtung Reichenbach dann ergossen sich große Schlammlawinen Richtung Tal, welches dort zum Glück unbewohnt war. Auf der anderen Seite der Felder bzw. des dortigen Hügels lag allerdings der Ort Reichenbach, der ebenfalls von Schlammlawinen (die zum Glück kleiner waren als die Wassermassen auf der anderen Seite des Hügels) getroffen wurde. Auch auf dem Weg nach Großvoigtsberg, Hohentanne bis Teichhäuser und Großschirma waren überall Überschwemmungen und Schlammlawinen zu sehen, vielerorts war die Feuerwehr im Einsatz. Die Straße nach Halsbrücke war sogar komplett gesperrt, da sich hier viel Schlamm auf die Fahrbahn ergossen hatte. Hier gab es auch noch beeindruckende Hagelansammlungen mit Körnern um 2-2,5 cm zu finden. Ich fuhr anschließend noch bis Krummenhennersdorf, wo die Feuerwehr auch gerade mit Aufräumarbeiten in Folge einer Schlammlawine beschäftigt war. Anschließend fuhr ich nach Freiberg zurück, wo es nicht mal wesentlich geregnet hatte. Das Unwetter zog noch weiter nach Osten, wo es beispielsweise in Hetzdorf zu einer gewaltigen Schlammlawine führte. Stundenlang waren dort Feuerwehren aus der Region im Einsatz. Später schwächte sich die Zelle dann langsam ab. Lokal brachte sie über 50 mm Niederschlag binnen 40-60 min, wobei das Meiste in kürzerer Zeit gefallen war.

 

Richtung Reichenbach, nahe der Autobahn...

 

Hier war der Hagel kleiner, fiel aber noch dichter...

 

Überschwemmungen durch eine Schlammlawine nahe Reichenbach...

 

Die Situation im Ort Reichenbach, auch hier gibt es Schlamm und Überschwemmungen...

 

 

Später in Hohentanne, ein ähnliches Bild...

 

Auch hier fließt viel Schlamm von den Feldern in den Ort...

 

 

Richtung Teichhäuser: Schlamm und Hochwasser...

 

Bei Rothenfurth (OT von Großschirma)…

 

Gesperrte Straße zwischen Rothenfurth und Halsbrücke...

 

Abziehende Unwetterzelle im Osten...


Doch auch anderenorts bildeten sich inzwischen heftige Gewitter, wie Richtung Meißen, so immer wieder starke, teils auch mesozyklonale Zellen entstanden waren, die für Starkregen und Hagel von 2-3, teils bis 4 cm sorgten. Bei Gröditz nahe Elsterwerda entwickelte sich anschließend – gegen 15:40 Uhr - nochmal eine ausgeprägte Superzelle, welche dort dichten Hagel bis 3 cm brachte, teils durchsetzt mit bis zu 5 cm großen Körnern. Der starke Hagel verursachte in dieser Gegend erhebliche Schäden an Autos, Gärten und an Häusern. Die Hagelgrößen waren für September durchaus beeindruckend.


Ich widmete mich derweil einer weiteren starken Zelle, welche bei Döbeln her aufzog. Ich fuhr anschließend Richtung Nossen und positionierte mich dort gegen 16:15 Uhr. Die Zelle selber schwächte sich zu dem Zeitpunkt zwar zunächst ab, aber direkt südlich bildete sich ein weiterer frischer Aufwind, der sehr organisiert aussah. Kurz darauf übernahm dieser die Regie und unter Dauerdonnern senkte sich über Etzdorf nahe Roßwein ein dichter Hagelvorhang herab. Die Zelle brachte in dieser Anfangszeit Hagel bis 3 cm Durchmesser in Etzdorf, einige Körner waren zeitweise auch bis zu 3,5 cm groß. Folglich gab es dort auch Hageldellen in Fahrzeugen. Kurz darauf wurde der Hagel langsam kleiner, aber es gab einen heftigen Wolkenbruch mit dichtem Hagel im Ostteil von Etzdorf, sodass es dort zeitweise recht winterlich aussah. Kurz darauf kam wieder die Sonne raus. Ich stand unterdessen am OA Marbach Richtung Etzdorf und der Niederschlagskern erwischte mich hier etwas nach den Ereignissen in Etzdorf gegen 16:35 Uhr. An meinem Standort, wenige Kilometer von Etzdorf entfernt, war der Hagel bereits weniger dicht und mit 1 cm Durchmesser wesentlich kleiner. Dennoch gab es zeitweise dichteren Hagel und heftigen Starkregen. Nach einer kurzen Regenpause, wo nur einzelne Hagelkörner fielen, gab es erneut kleinkörnigen, dichteren Hagel mit Starkregen am Standort, bevor die Zelle nach Osten abzog und sich abschwächte. Das 2. Unwetter brachte vor allem in Etzdorf nochmal eine große Schlammlawine mit sich, nachdem dort auch das 1. Unwetter, welches ich gegen 14 Uhr bei Berbersdorf beobachtete, bereits eine Schlammlawine an der gleichen Stelle in Etzdorf verursachte. Die 2. Zelle war aber in Etzdorf nochmal heftiger und folglich auch die 2. Schlammlawine. Die Feuerwehren waren gerade mit den Aufräumarbeiten nach dem 1. Unwetter fertig und mussten nun nochmal neu beginnen.

 

Neue Unwetterzelle gegen 16:15 Uhr bei Etzdorf, aufgenommen von Nossen aus...

 

Bald darauf setzt am Beobachtungsstandort heftiger Starkregen und Hagel bis um 1 cm Durchmesser ein...

 

Schlimmer erwischt es aber die Ortslage Etzdorf...


Auch nach dieser Zelle entwickelten sich vor allem Richtung Erzgebirge immer wieder kräftige Zellen, die aber nicht mehr so heftig ausfielen. Besonders heftige Zellen gab es unterdessen im Süden von Sachsen-Anhalt und bei Gera. Die Zelle bei Gera verursachte eine sehr einsatzreiche Lage in Ronneburg, wo es zahlreiche Einsätze wegen Schlamm, Überschwemmungen und Sturmschäden gab. Zudem wurde von teils dichtem Hagel bis 3 cm berichtet. Auf dem Weg nach Osten schwächte sich diese deutliche Superzelle dann bei Glauchau langsam ab, allerdings entwickelte sich auch hier gegen 19:30 nochmal ein neuer Aufwind direkt an der alten Zelle. Dieser organisierte sich und war als Mesozyklone, ev. als Superzelle, identifizierbar. Diese Zelle verursachte nahe Lichtenau (bei Frankenberg) nochmal dichten Hagel mit Körnern bis 3 cm Durchmesser. Richtung Freiberg schwächte sich dann aber auch diese letzte Zelle langsam ab. Richtung Erzgebirge gab es noch weitere Zellen, die dann aber im Laufe des Abends auch langsam abbauten. Damit endete der 2. Gewittertag in Folge.

 

Die abendliche Zelle, welche von Gera aufzog und sich nach einer Schwächephase bei Lichtenau nochmal organisierte...

 

Bei Lichtenau gibt es durch das Gewitter nochmal heftigen Hagel, bevor sich die Zelle langsam wieder abschwächte...


Am Morgen des Folgetages gab es auch nochmal einige Gewitter und starke Regenfälle, welche weite Teile Sachsen überzogen. Lokal gab es auch dadurch nochmal Überschwemmungen, insbesondere dort, wo auch die Unwetter der Vortage bereits gewütet hatten. Größere Probleme bereiteten diese Gewitter insgesamt aber nicht mehr und die gewitterträchtige Luft wurde weiter nach Osten abgedrängt. Am 9. September entwickelten sich dann auch in Ostsachsen nochmal Unwetter, teils durch wiederholten Starkregen, wodurch mancherorts in 6 h bis zu 100 mm Niederschlag fielen (insbesondere bei Bautzen). Hochwasser und Überschwemmungen waren dort die Folge. Danach wurde die energiereichere Luft aber endgültig verdrängt und die sommerliche Gewitteraktivität verabschiedete sich aus Mitteleuropa, während der Herbst mehr und mehr Einzug hielt.

 

Nachfolgend noch das Video zur Unwetteraktivität am 07.09.2022 in Mittelsachsen:

 

Video zu den Unwettern in Mittelsachsen (externer Link: https://www.youtube.com/watch?v=Z2xfO0wa42s)

 

© Michel Oelschlägel

Datum: 11. Dezember 2024

                  

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